Wie der Wind sich dreht
2011 hielt Robert Habeck im schleswig-holsteinischen Landtag zur Ablehnung des CCS-Gesetzes im Bundesrat eine Rede. Dabei sagte er unter anderem: „Österreich nutzt die von der EU eingeräumte Möglichkeit, die dauerhafte geologische Speicherung von Kohlenstoffdioxid zu verbieten. Das sollten wir auch fordern, am besten bundesweit. Wenn das nicht gelingt, dann als klaren Satz ohne Abwägungs-Klimbim als Länderklausel. Dafür sollten wir ab heute kämpfen. Am besten wieder gemeinsam. Schleswig-Holstein ist kein Land für CCS.“
Das Industrial Carbon Management Forum
Mit der Verschärfung der Klimakrise besteht breiter Konsens darüber, dass wir entschlossen und unverzüglich handeln müssen, um den Klimakollaps durch Treibhausgasemissionen zu verhindern. Diese drängenden Fakten stehen allerdings im direkten Widerspruch zu Interessen von Unternehmen und Industrie, die von der andauernden Förderung und Verbrennung fossiler Brennstoffe profitieren. Angesichts drohender Profitverluste ist die fossile Industrie nicht bereit, freiwillig ihr Geschäft aufzugeben.
Verkauf falscher Lösungen
Wenn man Politiker:innen und Vertreter:innen von Erdölkonzernen in Brüssel, Norwegen oder Deutschland zuhört, könnte man meinen, dass die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) entscheidend für die Erreichung der europäischen Klimaziele ist. Warum aber wächst dann der Widerstand gegen die CCS-Pläne dieser Länder? Und wieso hat Norwegen einen so großen Einfluss?
Ein riskanter neuer Trend
Unternehmen wollen ihre Emissionen ins Meer leiten, aber diese kostspieligen Bemühungen verzögern nur echte Maßnahmen gegen den Klimawandel. Obwohl die Injektionssysteme auf dem Meeresboden von Unternehmen und Regierungsvertreter:innen immer wieder als sicher angepriesen wurden, bergen neuartige Offshore-CCS-Projekte unkalkulierbare Risiken, erfordern enorme Anstrengungen und Kosten und haben kaum das Potenzial, die globalen CO₂-Emissionen groß zu beeinflussen.
Schauplatz einer Klimalüge
Öl- und Gasförderung in der Nordsee sind auf dem absteigenden Ast, aber die Nordsee ist bereits das Objekt neuer fossiler Träume europäischer Regierungen. Norwegen, Großbritannien, die Niederlande, Belgien und auch Deutschland wollen ihre CO2-Emissionen unter der Nordsee deponieren. Die vorgesehene Infrastruktur und mögliche Leckagen würden den sensiblen und bereits stark genutzten Unterwasserwelten weiter zusetzen.
Zwischen Geopolitik und fossilen Abhängigkeiten
Südostasien und besonders Indonesien sind zu einem Dreh- und Angelpunkt der globalen CCS-Industrie geworden. Nicht nur weil Politiker:innen der Länder die Technologie fördern, um am fossilen Modell festzuhalten, sondern auch weil Länder aus dem Globalen Norden CCS in Klimakooperationen festgeschrieben haben. Damit fließen wichtige Gelder und Ressourcen in eine umstrittene Technologie, statt in eine Transformation vor Ort. Wie wirkt sich das auf die Gesellschaften aus?
Damals wie heute
Die Abscheidung von Kohlenstoff aus Treibhausgasen und die unterirdische Speicherung ist keinesfalls eine neue Erfindung. Die Technik sorgte bereits in den letzten Jahrzehnten für Aufsehen und Widerstand. Immer vorne dabei waren Bürgerinitiativen aus den betroffenen Kommunen, über deren Köpfe hinweg Entscheidungen gefällt wurden, die sie und die Umwelt gefährden. Die Umweltorganisation „BI gegen CO2-Endlager“ ist nun auch gegen die neuen Pläne der Bundesregierung, Kohlenstoffdioxid unter der Nordsee zu verpressen, wieder aktiv.
Die Lüge der Brückentechnologie
Wasserstoff nutzt der Energiewende – aber nicht so, wie die Öl- und Gasindustrie behauptet. Mit trügerischen Metaphern und Falschinformationen wirbt sie für Wasserstoff mit CCS. Das bedroht die Energiewende weltweit und ist mit dafür verantwortlich, dass heute immer noch neue Gasvorkommen erschlossen werden.
Der BECCS Bluff
Die Klimapolitik steht vor einem Richtungswechsel: Statt den geordneten Ausstieg aus fossiler Energie zu vollziehen, stellt die Ampelkoalition jetzt eine Vielzahl von Scheinlösungen parat. Diese ermöglichen es Industrie- und Energiekonzernen faktisch, weiter fossiles Erdgas und Erdöl zu nutzen. Darunter fallen auch Negativemissionstechniken wie BECCS und DACCS.
Mit CCS zur Klimaneutralität?
Die Diskussion über CCS zur Erreichung von Klimaneutralität erlebt in Deutschland eine Renaissance. Diese Entwicklung ist durchaus bemerkenswert, da CCS in Deutschland in den 2000er-Jahren auf massiven Widerstand traf und die Technologie nicht weiter erprobt wurde. CCS wird von den Befürworter:innen als objektiv notwendige, letztlich unvermeidbare Technologie zur Erreichung der Klimaneutralität betrachtet und von den Kritiker:innen kategorisch abgelehnt. Wie kam es zu dieser Entwicklung?