Bildung für nachhaltige Entwicklung

Rundbrief 2023/3

Ein Schlüssel zur Umsetzung der Agenda 2030

Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung ist in der Agenda 2030 im SDG 4 festgeschrieben. Im Unterziel 4.7 wird zudem festgehalten, wie Bildung zu gesellschaftlichem Wandel und zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt beitragen kann. Bildung wird damit eine Schlüsselrolle bei der Erreichung aller SDGs zugeschrieben. Damit Bildung dieser Rolle gerecht werden kann, muss sie aber flächendeckend und breitenwirksam umgesetzt werden. Im deutschen bildungspolitischen Kontext gibt es hier noch große Schwachstellen.  

Die Agenda 2030 setzt sich in SDG 4 das Ziel, allen Menschen weltweit den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Zugrunde liegt die Überzeugung, dass Bildung eine Grundlage für Chancengerechtigkeit, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten, gesellschaftliche und politische Teilhabe und damit für ein gutes Leben ist. Dabei kommt es aber auch auf die Qualität der Bildung an. Laut der Agenda 2030 muss sie inklusiv sein, um alle Menschen zu erreichen und qualitativ hochwertig, um bestimmte Fähigkeiten zu schulen, die die oben genannten Ziele ermöglichen.   

Bildung für nachhaltige Entwicklung trägt zur Erreichung aller SDGs bei 

Blickt man nicht nur auf individuelle Entwicklungsmöglichkeiten, sondern auf die Entwicklung der globalen Gesellschaft im Ganzen nimmt ein Unterziel des SDG 4 eine besondere Rolle ein. In SDG 4.7. ist Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) verankert. Im Kontext der Agenda 2030 wird dem SDG 4.7. eine Schlüsselrolle zugeschrieben: Ökologische, ökonomische und soziale Krisen gefährden die Lebensgrundlage und das zukünftige Zusammenleben auf unserem Planeten. Eine fundamentale sozial-ökologische und ökonomische Transformation ist dringend notwendig. Damit die gelingen kann, müssen möglichst viele Menschen aktiv werden und an einem Strang ziehen. Hier kommt BNE ins Spiel. BNE informiert Menschen über globale Krisen und Zusammenhänge, sensibilisiert sie und zeigt ihnen auf, wie sie selbst dazu beitragen können, die Welt zu einem nachhaltigeren und gerechteren Ort zu machen. BNE vereint verschiedene Bildungskonzepte, die unterschiedliche thematische Schwerpunkte mitbringen: Umwelt- und Klimabildung, Friedenspädagogik, politische Bildung und das Globale Lernen, das besonders auf globale Ungleichheiten blickt. Im Sinne des lebenslangen Lernens richtet sich BNE nicht nur an Schüler:innen. BNE findet auch in Kitas, an Hochschulen, in Einrichtungen der beruflichen Bildung, für Führungskräfte in Unternehmen und in der informellen Erwachsenenbildung, zum Beispiel über die Volkshochschulen, statt.   

Neues UNESCO-Programm politisiert BNE stärker  

Die UNESCO ist zuständig dafür, das SDG 4 und das Unterziel SDG 4.7 BNE voranzubringen. 2020 hat die UNESCO ihr neues Programm „BNE 2030“ veröffentlicht. Dort werden fünf konkrete Handlungsfelder vorgeschlagen, an denen sich die UNESCO-Mitgliedstaaten orientieren sollen, um BNE in ihrem Kontext umzusetzen:  

  • Zur politischen Unterstützung soll BNE ganzheitlich in jede staatliche entwicklungs- und bildungspolitische Strategie integriert werden. 
  • Lehr- und Lernumgebungen sollen nachhaltig gestaltet werden. Das kann beispielsweise bedeuten, dass Schulen ihre Beschaffungspolitik nachhaltig und fair gestalten oder demokratische Strukturen zur Beteiligung von Schüler:innen schaffen.  
  • BNE-Kompetenzen sollen stärker in die Aus-/Fort- und Weiterbildung von Multiplikator:innen wie Lehrkräfte, Erzieher:innen oder akademischem Personal eingebunden werden.  
  • Junge Menschen sollen als Akteur:innen des Wandels stärker einbezogen werden. 
  • BNE soll in lokale Strukturen in Gemeinden, Städten und Regionen integriert werden.  

Besonders zu begrüßen ist, dass BNE in dem neuen Programm stärker politisiert wird, indem die politische Handlungsfähigkeit und Teilhabe von Menschen gestärkt werden soll. Das ist wichtig, damit die Verantwortung für globale Herausforderungen nicht nur individualisiert wird, sondern auch strukturelle und grundlegende Veränderungen angestrebt werden. Menschen sollen in Bildungsangeboten also nicht nur in ihrer Rolle als Konsument:innen adressiert werden, sondern als Bürger:innen, die politische und gesellschaftliche Veränderungen mitgestalten können. Das neue Programm spricht auch davon, Entscheidungsträger:innen in Wirtschaft und Politik als Zielgruppe von BNE stärker in den Fokus zu nehmen.  

Deutschland wird den Ansprüchen von BNE nicht gerecht 

In Deutschland ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) federführend für BNE zuständig. Das Ministerium hat mit der Nationalen Plattform BNE[i] ein Gremium geschaffen, das die Umsetzung von BNE begleitet. In der Nationalen Plattform kommen Expert:innen aus Bildung, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kommunen zusammen. Auch andere Ressorts der Bundesregierung sind vertreten. BNE ist also nicht alleinige Aufgabe eines Bildungsministeriums, sondern schafft Verbindungen zu anderen Ressorts, beispielsweise dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).  

In der Theorie sind die Voraussetzungen zur Umsetzung von BNE in Deutschland eigentlich sehr gut. Leider hapert es in der Praxis trotzdem. Folgende Schwachstellen müssen in der zweiten Halbzeit der Agenda 2030 dringend angegangen werden, damit BNE ihrer Rolle als Schlüssel zur Erreichung der Agenda 2030 gerecht werden kann: 

  • Es fehlt bisher an einer flächendeckenden Verankerung von BNE, die BNE zum Beispiel standardmäßig in allen Lehrplänen in allen Schulen, Hochschulen und Einrichtungen der beruflichen Bildung integriert. Stattdessen gibt es viele Modellprojekte, die zwar begrüßenswert sind, aber nicht in die Breite der Gesellschaft hineinwirken.  
  • Insbesondere die Befähigung von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger:innen durch BNE sollte stärker in den Blick genommen werden. Sie sind diejenigen, die die Macht haben, durch ihr Handeln effektiv zu einem gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Wandel beizutragen. 
  • Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen maßgeblich zur Umsetzung von BNE bei. Sie schaffen Brücken zwischen dem formalen und non-formalen Bildungsbereich und wirken dabei weit in die Gesellschaft hinein. Dieser Beitrag muss von politischer Seite unterstützt werden, indem die Förderprogramme für BNE finanziell aufgestockt werden. 

 Weitere Empfehlungen, die sich konkret an einzelne Bildungsbereiche richten, hat VENRO gemeinsam mit dem Bündnis Zukunftsbildung und dem Deutschen Bundesjugendring in der Analyse „Bildung stärken, Zukunft schaffen“[ii] zusammengefasst.

 

Autorin:

Lara Fedorchenko ist Referentin für entwicklungspolitische Bildungsarbeit beim Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO e.V.) und koordiniert unter anderem die Arbeitsgruppe Bildung Lokal/Global.

 

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