Ansätze der #BreakFreeFromPlastic-Mitglieder zur Lösung der Plastikverschmutzungskrise.
Jedes Stückchen Plastik, das jemals hergestellt wurde, existiert noch immer in irgendeiner Form. Man sollte meinen, dass diese Aussage ausreichen würde, um das Wachstum der Kunststoffproduktion zu bremsen, die bis 2050 voraussichtlich um fast 50 % zunehmen wird. Doch auf allen Stufen der Kunststoff-Wertschöpfungskette weigert sich die Industrie, in echte Maßnahmen zur Lösung der Kunststoffverschmutzungskrise zu investieren und diese umzusetzen. Während des gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen, von der Produktion bis zur Abfallentsorgung, werden neue Technologien und alternative Kunststoffe als Lösungen angepriesen. In Wirklichkeit versperren sie jedoch nur den Weg zu Schritten, die zu einem echten Systemwandel beitragen.
Anstatt die Kunststoffverschmutzung einfach zu tolerieren, müssen wir Maßnahmen zur Verringerung der Kunststoffproduktion und strengere Kontrollen für Chemikalien und giftige Zusatzstoffe einfordern. Nur so können wir Schäden für die biologische Vielfalt und die menschliche Gesundheit mindern und den erheblichen Beitrag von Kunststoff zur Klimakrise zu minimieren.
Aus der globalen Gemeinschaft entsteht Stärke und kollektives Handeln
Die Vielfalt der globalen #BreakFreeFromPlastic-Bewegung (BFFP) ist ihre Stärke. Verschiedene Perspektiven und Fachkenntnisse stellen die vorherrschenden Erzählungen über Plastik und seine Auswirkungen auf Gesundheit, Klima und Lebensqualität immer wieder in Frage. Dabei betrachtet BFFP die Plastikverschmutzung als systemisches Problem und setzt sich für Veränderungen auf allen Ebenen ein, um eine Welt ohne Plastikverschmutzung zu schaffen. Die Mitglieder adressieren die Plastikverschmutzung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, von der Gewinnung bis zur Entsorgung. Der Schwerpunkt liegt auf präventiven Maßnahmen und nicht auf reaktiven Lösungen.
Unternehmen zur Rechenschaft ziehen
Die globale Kraft der #BreakFreeFromPlastic-Gemeinschaft hat sich insbesondere in den jährlichen „Brand-Audits“ gezeigt. Hier wird Plastikmüll gesammelt und anhand der Inverkehrbringer sortiert. In den vergangenen sechs Jahren haben insgesamt 2.623 solcher Brand-Audits mit 215.600 Freiwilligen in mehr als 90 Ländern stattgefunden. Insgesamt wurden mehr als zweieinhalb Million Stücke Plastikmüll gesammelt. Marken wie Coca-Cola, Nestlé, Unilever und PepsiCo landeten durchweg auf den vordersten Plätzen der Top-Ten unter den Verschmutzern.
2018, ein Jahr nach dem ersten globalen Brand Audit, haben die Ellen MacArthur Foundation und das UN-Umweltprogramm gemeinsam das „New Plastics Economy Global Commitment“ ins Leben gerufen, das Unternehmen, Regierungen und andere Organisationen zusammenbringt, um ihren Plastik-Fußabdruck bis 2025 durch verschiedene freiwillige Verpflichtungen zu verringern. Große Unternehmen, die viele kurzlebige Plastikprodukte produzieren oder nutzen, gingen freiwillige Verpflichtungen ein. Diese Selbstverpflichtungen sind vor allem eine Reaktion der Unternehmen auf den öffentlichen Druck zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung. Die meisten Unternehmen verpflichteten sich:
- 100 % ihrer Verpackungen bis 2025 recycelbar, wiederverwendbar oder kompostierbar zu machen,
- die Verwendung von Neuplastik zu reduzieren,
- mehr recycelte Inhalte in ihre Verpackungen einzubauen.
Der Jahresbericht des Global Commitment ist jedoch jedes Jahr eine traurige Bilanz der Untätigkeit und des Rückschritts der Unternehmen. In vielen Fällen nimmt die Menge der von diesen Unternehmen verwendeten Kunststoffverpackungen weiter zu.
Mehrwegsysteme wiederbeleben
Die Mitglieder von #BreakFreeFromPlastic fördern verschiedene Mehrwegsysteme, und die lokale und kommunale Ebene spielt dabei eine entscheidende Rolle. Überall entstehen zahlreiche Pilotprojekte, in denen Mehrwegsysteme und ihre Machbarkeit getestet werden. In China sieht sich die Bubble-Tea-Industrie aufgrund des übermäßigen Einsatzes von Einwegplastik mit einer Umweltkrise konfrontiert. Lokale Gruppen wie Nanjing Green Stone, Shanshui Environmental Protection und Green Hunan haben Initiativen ins Leben gerufen, darunter „Bring Your Own Cup“ -Kampagnen (Bringe deinen eigenen Becher), Sensibilisierungskampagnen für Verbraucher:innen und Pilotprojekte für wiederverwendbare Becher. Sie setzen sich für eine Verringerung von Verpackungen ein und drängen auf die Verwendung von Mehrwegbechern.
Ebenfalls in China führten Shenzhen Zero Waste und Toxics-Free Corps eine erfolgreiche Kampagne gegen Onlinehandel-Plattformen durch, die Einweggeschirr aus Plastik besonders bewarben. Durch direktes Engagement, offene Briefe und formelle Beschwerden konnte die Entdeckungsrate von Einwegplastik von 68 % auf 0 % gesenkt werden. Diese Bemühungen führten dazu, dass die Präsenz von Einwegartikeln im Onlinehandel deutlich zurückging.
Einige BFFP-Mitglieder führen Kampagnen durch, die sich auf Abfälle aus Damenbinden oder Windeln konzentrieren. Diese Produkte, die oft aus biologisch nicht abbaubaren Materialien bestehen, stellen ein Risiko für die menschliche Gesundheit und eine Herausforderung für die Abfallwirtschaft dar. In Nepal hat HECAF 360 eine Sensibilisierungskampagne für plastikfreie Damenbinden initiiert, die Student:innen aufklärt und Frauen stärkt. Dieses Programm, das sich mit den Problemen der Abfallentsorgung befasst, umfasst auch Kurse zur Herstellung wiederverwendbarer Binden, die eine unabhängige Einkommensquelle darstellen.
Zu den weiteren Initiativen, die sich mit dieser Art von Abfall befassen, gehört die „Environmenstrual Week“, die auf die ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von Einwegprodukten für die Menstruation aufmerksam macht. Die Woche der wiederverwendbaren Windeln im Vereinigten Königreich, Australien, China, Irland, Mexiko und Neuseeland betont den Übergang von Einwegwindeln zu Windeln aus natürlichen Stoffen, die den CO2-Fußabdruck um 40 % verringern und 98 % weniger Rohstoffe verbrauchen.
In Ecuador arbeiten Mingas por el Mar, PlastiCo Project, Huella Verde und Orcatec bei REUSE.EC zusammen, einer Kampagne zur Förderung von Mehrwegprojekten. Diese Initiative forciert Einwegverpackungen, vor allem in Lebensmittelgeschäften: Über ein Kreislaufmodell sollen Abfall, der Wasserverbrauch und die Emissionen verringert werden, während gleichzeitig Arbeitsplätze entstehen. Ziel ist es, dieses Kreislaufmodell in ganz Ecuador und Lateinamerika zu verbreiten und eine Umstellung auf Mehrweg und Wiederverwendung zu fördern.
In Deutschland hat die Initiative Refrastructure das bundesweite und anbieterübergreifende Rücknahmesystem im Rahmen eines Pilotprojekts 2023 in der Gemeinde Haar getestet. Die Schlussfolgerung war, dass solche Systeme machbar sind, aber strengere Vorschriften brauchen, um die Pilotprojekte auszuweiten und Mehrwegverpackungen zum neuen Standard zu machen.
Kein Wandel ohne Systemwandel
Die vielfältigen Bemühungen auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene stärken die #BreakFreeFromPlastic-Bewegung und ermöglichen eine Dynamik in verschiedenen Kontexten. Lokale Maßnahmen sind entscheidend, aber es braucht auch globale systemische Veränderungen.
Die Art und Weise, wie das Finanzsystem arbeitet, in Frage zu stellen, ist eine notwendige Strategie, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen. Finanzinstitute können eine einflussreiche Rolle bei der Umgestaltung des Systems über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg spielen. Sie können den Rahmen für Investitionen in neue petrochemische Unternehmen setzen und die finanziellen Risiken von Investitionen in die Plastikproduktion aufdecken. Die Kampagne Don’t Bank on Plastics der im Vereinigten Königreich ansässigen Organisation Just Money Movement ist ein hervorragendes Beispiel für diesen Ansatz. Sie fordert Banken, darunter auch Großbanken wie Barclays, HSBC und NatWest, auf, ihre Finanzierungen für prominente Plastikproduzenten und Verschmutzer einzuschränken.
In Detroit, USA, entstand eine von der Gemeinde getragene Kampagne namens Breathe Free Detroit. Sie hatte das Ziel, eine lokale Verbrennungsanlage in Detroit zu schließen. Bei der Kampagne wurden die Auswirkungen der Verbrennungsanlage auf die öffentliche Gesundheit untersucht und bei Entscheidungsträgern für deren Schließung geworben. Nach ihrem Erfolg setzte sich die Gruppe weiterhin für die Anwohner:innen ein. Viele globale Organisationen haben Initiativen und Kampagnen durchgeführt, um Kommunen den Übergang zu abfallfreien Systemen zu erleichtern. GAIA arbeitet mit 550 Kommunen zusammen und konzentriert sich auf die Abschaffung unangemessener Abfallentsorgungsmethoden und die Förderung eines verantwortungsvollen Konsums. Sie nehmen die Hersteller in die Pflicht, führen Systeme zur Ressourcenrückgewinnung ein und legen Wert auf soziale und ökologische Gerechtigkeit für Müllsammler und direkt betroffene Gemeinden. Zudem setzt GAIA sich für die weltweite Förderung der Zero-Waste-Prinzipien ein.
Falsche Lösungen aufgedeckt
Während Graswurzel-Initiativen und verschiedene Gruppen inspirierende Beispiele zur Bewältigung der Plastikkrise anführen, ist es wichtig zu erkennen, dass einige Interessengruppen immer noch an Lösungen glauben, die den Status quo aufrechterhalten. Der Versuch, die Krise allein durch Recycling zu bewältigen oder sich auf technische Lösungen zu verlassen, wird nicht funktionieren, solange wir unseren derzeitigen Lebensstil nicht grundlegend ändern. Um wertvolle Einblicke zu geben, haben unsere Mitglieder und Expert:innen gemeinsam eine umfassende Übersicht über falsche Lösungen auf einer speziellen Website erstellt.
Trotz der reichhaltigeren Ressourcen der Kunststoffindustrie setzt sich die #BreakFreeFromPlastic-Bewegung weiterhin dafür ein, die vorherrschenden Narrative zu hinterfragen. Im Mittelpunkt unserer Bewegung steht die Erkenntnis, dass kollektives Handeln entscheidend ist, und dass gegenseitige Unterstützung und Stärkung unsere Wirkung erheblich verbessern können.
Dieser Artikel wurde mit den Beiträgen von Mitgliedern der #BreakFreeFromPlastic-Bewegung verfasst. #BreakFreeFromPlastic ist eine globale Bewegung, die aus über 12.000 Nichtregierungsorganisationen, Gemeinschaftsgruppen, Wissenschaftler:innen und Einzelpersonen besteht, die sich dafür einsetzen, die Plastikverschmutzung an der Quelle zu bekämpfen.