Mit der Rohstoffwende zu Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum 

Rundbrief 2023/3

Die Indikatoren für die Zielerreichung des SDG 12 fallen bisher schlecht aus und Deutschland muss noch mehr ins Handeln kommen 

 Der Globale Norden nutzt mehr Ressourcen, als sein fairer Anteil ausmachen würde, und verfehlt dadurch bisher nicht nur das Sicherstellen von nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern, sondern auch eine global gerechte Ressourcenverteilung innerhalb der planetaren Grenzen. Die Kreislaufwirtschaft als Teil einer ressourceneffizienten, nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise kann hierbei Abhilfe schaffen. 

Das SDG 12 „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen“ wird nach acht Jahren mit bleibenden Herausforderungen und der Tendenz zu moderater Verbesserung bewertet. Dieser Durchschnitt kommt zustande durch eine bisherige Zielerfüllung der Länder mit niedrigem und niedrigem bis mittlerem Einkommen in Kombination mit dem Verfehlen der Zielsetzung der Länder mit hohem Einkommen.[i] Hier wiederholt sich ein bekanntes Muster: Die Industrienationen des Globalen Nordens produzieren und konsumieren auf Kosten des Globalen Südens. 

Der Material-Fußabdruck verdeutlich das globale Ungleichgewicht 

Grund für das unzureichende Ergebnis ist unter anderem der aktuelle hohe Ressourcenverbrauch. Der Vergleich der beiden Indikatoren Materialfußabdruck (Summe aller Ressourcen, die entlang der Wertschöpfungsketten aller Waren und Dienstleistungen zum Einsatz kommen, die in einem Land in den Endkonsum fließen) und inländischer Materialnutzung (Menge an Rohmaterialien, die in einem Land direkt in der Produktion genutzt werden) ergibt ein Ungleichgewicht zulasten der Länder des Globalen Südens, die einen Großteil ihrer natürlichen Ressourcen für die Produktion der Güter anderer Länder zur Verfügung stellen, aber selbst nur wenig davon konsumieren.[ii] Dies verdeutlicht einerseits, dass Deutschland seinen Materialfußabdruck auf andere Nationen auslagert und anderseits, dass das Unterziel (SDG 12.2) der nachhaltigen Bewirtschaftung und effizienten Nutzung der natürlichen Ressourcen weiterhin verfehlt wird.

 

Eigene Darstellung in Anlehnung an United Nations (2023): The Sustainable Development Goals Report – Special Edition, S. 69. © Anna Schönwald

 

Am Produktlebensende wiederholen sich die Rekordmengen 

Am Produktlebensende zeichnen der Indikator Elektroschrott in Verbindung mit der Recyclingquote[iii] ein ähnliches Bild. Im Jahr 2019 wurden weltweit 53,6 Millionen Megatonnen (Mt) Elektroschrott generiert und laut Prognosen wird diese Ziffer im Jahr 2030 auf 74,7 Millionen Mt steigen. Die Erhöhung wird vornehmlich durch den Anstieg des Verbrauchs, der kurzen Nutzungsdauer und der geringen Möglichkeiten zu Reparaturen begründet. 

Eigene Darstellung in Anlehnung an Forti et al (2020): The Global E-waste Monitor 2020: Quantities, flows and the circular economypotential, S. 108. © Anna Schönwald

 

Weltweit wurden 17,4 % dieses Elektroschrotts ordnungsgemäß gesammelt und recycelt,[iv] in Deutschland waren es zwischen 35-40 %. Eine große Menge landet auch hier im Restmüll oder wird illegal exportiert und bleibt somit undokumentiert.[v] Die Materialien, die im Elektroschrott enthalten sind, bergen jedoch ein enormes Potenzial – vor allem wenn sie als Sekundärrohstoffe in eine Kreislaufwirtschaft zurückgeführt werden. Um bis 2030 das Unterziel (SDG 12.5) der deutlichen Verringerung des Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung zu erreichen, ist ein Wechsel hin zu einer zirkulären Wirtschaft, in der die Ressourcen lediglich genutzt, anstatt verbraucht werden, unabdingbar. 

Zahlreiche Handlungsmöglichkeiten für die Bundesregierung 

Es ist deshalb zu begrüßen, dass die Bundesregierung eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) aufgesetzt hat. In der Ausgestaltung muss sie sektor-, material- und ressortübergreifend wirken und verbindliche Ziele und Maßnahmen beinhalten. Zudem müssen die Rohstoffe aus der Wiederverwertung gegenüber bergbaulich gewonnenen Rohstoffen bevorzugt werden, damit der absolute Primärrohstoffverbrauch gesenkt werden kann. 

Bei den Rohstoffen, die wir auch in Zukunft benötigen, müssen Unternehmen in die Verantwortung gezogen werden, auf ökologische und soziale Standards in ihren Lieferketten zu achten. Mit der Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) wurde diesbezüglich ein wichtiger Schritt gemacht. Die Ausweitung des Geltungsbereichs ab 2024 wird befürwortet, ebenso die mögliche Verschärfung der Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten durch die europäische Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). In der Umsetzung muss der Fokus vermehrt in die tiefere Lieferkette gehen, damit es unmöglich wird durch in Europa konsumierte Produkte indirekt Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in anderen Ländern zu unterstützen. 

Gleichzeitig ist es wichtig, die aktuell in Produkten gebundenen Ressourcen so lange wie möglich weiterzuverwenden. Die Verantwortung hierfür darf dabei nicht auf Bürger:innen abgewälzt werden, sondern vielmehr muss ihnen ein nachhaltiges Verhalten erleichtert werden. Dies könnte beispielsweise über einen bundesweiten Reparaturbonus geschehen, der als ein Element auf dem Weg zum Recht auf Reparatur zur Ressourcenschonung beitragen könnte. 

Ressourceneffizienz und -suffizienz, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten sind einige der Bausteine, mit denen das SDG 12 in der verbleibenden Halbzeit noch erreicht werden könnte und mit denen eine global gerechte Ressourcenverteilung innerhalb der planetaren Grenzen zu schaffen wäre. 

 

Autorin:

Anna Schönwald ist als Referentin für Rohstoffpolitik, Wirtschaft und Menschenrechte bei INKOTA tätig.

 

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