Trump, Steuern und Zeit für Entscheidungen

Rundbrief 2025/2

Wie der Angriff des US-Präsidenten auf die globale Steuerkooperation unerwartete Folgen haben kann

Donald Trump ist an der Macht und hat im Rahmen seines umfassenden Angriffs auf den Multilateralismus die internationale Steuerzusammenarbeit zu einem besonderen Ziel gemacht. Aber die Inkompetenz der US-Regierung und Trumps persönlicher Mangel an Verlässlichkeit und einer kohärenten Strategie sind so groß, dass er vielleicht sogar die beste Chance für Fortschritte seit Jahrzehnten geschaffen hat. Wie seine ehemaligen Verbündeten in der Europäischen Union und dem Rest der OECD darauf reagieren, liegt nun an ihnen.

Die einfachste Metapher für die ersten 100 Tage der zweiten Amtszeit von Präsident Trump ist die eines Kindes, das aus Wut über eine Niederlage das Monopoly-Brett umwirft. Nur wenige Institutionen sind von seinem Wüten unberührt geblieben. Die Regierung weigert sich, Gerichtsurteile anzuerkennen. Präsidiale Verordnungen verdrängen Gesetze und drängen gewählte Abgeordnete ins Abseits. Die gesamte Bundesbürokratie ist geschwächt. Der Inland Revenue Service (IRS) – die Steuerbehörde, von der die künftige Einnahmen des Landes abhängen – ist ein besonderes Ziel. Tatsächlich liegt der Schwerpunkt so sehr auf der Aushöhlung der IRS-Kapazitäten, dass bereits jetzt mit einem drastischen Rückgang der Einnahmen gerechnet wird. Die größten Gewinne aus der unangefochtenen Nichteinhaltung von Vorschriften werden Großverdienern und Großunternehmen zugutekommen. Dies wird durch die einschneidenden Kürzungen, die jetzt bei öffentlichen Ausgabenprogrammen wie Gesundheit und Bildung vorgenommen werden, noch vervielfacht – ein weiterer Anstieg der Ungleichheiten ist die unvermeidliche Folge.

Das Brett umwerfen – auf globaler Ebene

Auf internationaler Ebene ist das Muster ähnlich. Die Vereinten Nationen stehen unter Beschuss. Die US-Delegation ist dazu übergegangen, Abstimmungen einzuberufen, um ihre entschiedene Ablehnung langjähriger globaler Verpflichtungen zu demonstrieren, einschließlich der Ziele für nachhaltige Entwicklung, ebenso wie die meisten Verweise auf die Gleichstellung der Geschlechter oder die Klimakrise. Am auffälligsten ist vielleicht die Aufkündigung langjähriger Verpflichtungen im internationalen Handel.

Die internationale Steuerpolitik ist Teil desselben Musters. Die USA standen bereits auf Platz 1 des Financial Secrecy Index des Tax Justice Network, weil sie sich weigern, anderen Ländern Informationen über die Finanzkonten ihrer Steuerpflichtigen zur Verfügung zu stellen – obwohl sie weltweit darin führend sind, diese Informationen automatisch und unter Androhung von Strafen von allen anderen einzufordern. Die USA standen jedoch in der Regel im Mittelpunkt der Bemühungen um eine Aktualisierung der internationalen Unternehmenssteuervorschriften im Rahmen der OECD, auch wenn sie dabei oft die realisierbaren Ziele einschränkten.

Der jüngste Versuch der OECD, die Steuervermeidung von Unternehmen einzudämmen, begann 2019 und sollte bis 2020 abgeschlossen sein – also noch während der ersten Amtszeit Trumps. Das ursprüngliche Ziel war, zwei Säulen zu schaffen. Die erste Säule sollte die Ausnutzung der Digitalisierung durch multinationale Unternehmen bekämpfen. Diese hat dazu beigetragen, dass Steuerbehörden immer weniger in der Lage sind, Steuern dort einzutreiben, wo die tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit der multinationalen Unternehmen stattfindet. Die zweite Säule würde einen globalen effektiven Mindeststeuersatz einführen, unabhängig davon, wo die multinationalen Unternehmen besteuert werden. In der Tat hätte die erste Säule die Gewinnverschiebung erheblich erschweren können, und die zweite Säule hätte sie weit weniger attraktiv gemacht. Im Lauf der jahrelangen Verhandlungen ging jedoch viel von diesem Vorhaben verloren.

Nun hat die Trump-Regierung erklärt, dass sie die erste Säule nicht ratifizieren wird. Da das OECD-Sekretariat den Entwurf dahingehend geändert hatte, bedeutet dies, dass der zu Grunde liegende multilaterale Vertrag, wegen des Widerstands der USA nun von keinem Land umgesetzt werden kann. Gleichzeitig hat die Trump-Administration angekündigt, wirtschaftliche Gegenmaßnahmen gegen jedes Land zu ergreifen, das auf bereits bestehende Alternativen wie einer Steuer auf digitale Dienstleistungen setzt.

Ähnliche Drohungen gehen an alle Länder, die die zweite Säule vollständig einführen könnten – einschließlich der EU-Mitgliedstaaten. Insbesondere die „Regel der zu niedrig besteuerten Gewinne“ (Undertaxed Profits Rule, UTPR) gibt Ländern das Recht, die Steuer eines multinationalen Unternehmens auf den vereinbarten Mindestsatz aufzustocken, wenn das Land, in dem der Hauptsitz liegt (z. B. die USA), sich weigert, dies zu tun. Eine Abschaffung der UTPR, wie sie die EU jetzt schändlicherweise diskutiert, würde dafür sorgen, dass die USA den Weg der Steuerpolitik der ersten Trump-Regierung fortsetzen können. Die Trump-Administration versucht, Gewinnverlagerungen in die USA (noch) attraktiver zu machen als die Nutzung traditioneller „Steueroasen“. Sie versucht kurzgesagt, andere Länder dazu zu zwingen, ihre legitimen Besteuerungsrechte gegenüber US-Konzernen aufzugeben.

Souveränität in Steuerfragen

Eine Bedrohung der Steuersouveränität ist eine Bedrohung für effektive Staatlichkeit und damit für die Fähigkeit der Regierungen für ein besseres, gesünderes und glücklicheres Leben für alle zu sorgen, anstatt für ein kurzes, böses und brutales.

Die Erfüllung von Trumps extremen Forderungen wird dafür sorgen, dass kein Land für die nächsten mindestens(!) vier Jahre multinationale Unternehmen effektiv besteuern kann. Allerdings hatten die Vorschläge der OECD für die beiden Säulen bereits den größten Teil ihres Ehrgeizes eingebüßt und würden selbst bei vollständiger Umsetzung viel weniger Einnahmen generieren als ursprünglich vorgesehen. Und das auf weniger gerechte Art und Weise.

Wie es der Zufall will, haben gerade die Verhandlungen über eine UN-Rahmenkonvention über die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich begonnen. Dies ist die erste, ja sogar die einzige Gelegenheit für einen global umfassenden Prozess zur Festlegung internationaler Steuervorschriften und zur Schaffung eines Gremiums, das diesen Prozess zukünftig weiterführen soll.

Während der Aufnahme umfassender Verhandlungen in den letzten drei Jahren haben viele OECD-Länder diesen UN-Prozess bestenfalls zögerlich unterstützt, der eine inklusive Alternative zum Club der reichen Länder schaffen würde. Doch nun hat die Trump-Administration den letzten Rest an Zweifeln daran beseitigt, dass auch die meisten OECD-Mitglieder entmachtet worden sind.

Wenn ein Land wie das Vereinigte Königreich oder Deutschland sein Steuersubstrat, seine Steuersouveränität, schützen will, dann ist die Wahl absolut klar. Jede diesbezügliche Maßnahme birgt das Risiko von Gegenmaßnahmen seitens der USA. Allein die UN-Rahmenkonvention ist der Ort, an dem die notwendigen Schritte in einer möglichst großen Gemeinschaft unternommen werden können. Hier können die OECD-Mitglieder auch mit den einkommensschwachen Ländern, die in dieser Frage von der afrikanischen Gruppe angeführt werden, gemeinsame Sache machen und versuchen, eine Reihe wirklich inklusiver Maßnahmen zu entwickeln.

Da eine der ersten Maßnahmen der Trump-Administration darin bestand, sich vollständig aus dem UN-Prozess zurückzuziehen, gibt es für sie nur begrenzte Möglichkeiten, die Verhandlungen zu behindern. Andererseits sind die USA vorerst im Vorbereitungsprozess für die 4..Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung geblieben und machen Zeile für Zeile Vorschläge zur Verwässerung des Entwurfs des Abschlussdokuments. Doch auch hier zeigt sich eine neue Dynamik. Einige Delegierte sind sich darüber im Klaren, dass das Abschlussdokument eine Gelegenheit bietet, Multilateralismus zu verteidigen und insbesondere konkrete Fortschritte aufzuzeigen. Der derzeitige Wortlaut (Stand 1. Mai 2025) unterstützt die internationale Steuerzusammenarbeit, ohne den Verhandlungsführer:innen für die Rahmenkonvention die Hände zu binden. Es stärkt auch die Aussichten auf wichtige Instrumente wie ein globales Register für wirtschaftliches Eigentum, das den Spielraum für grenzüberschreitenden Steuermissbrauch durch wohlhabende Einzelpersonen und eine Reihe anderer illegaler Finanzströme und korrupter Praktiken drastisch verringern würde.

Die UN-Konvention könnte das ABC der Steuertransparenz schaffen: Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten, um dem Offshore-Bankgeheimnis ein Ende zu setzen; sog. Beneficial Ownership-Register, um anonymem Eigentum ein Ende zu setzen; und eine umfassende Verpflichtung zur öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung durch multinationale Unternehmen – sog. Country-by-Country Reporting. Die Schaffung eines Gremiums für die Aushandlung gerechterer und wirksamerer Steuervorschriften mit einem mit Befugnissen ausgestatteten Sekretariat und technischen Gremien für die Ausarbeitung von Entwürfen und die Datenanalyse wird sicherstellen, dass es sich nicht um eine einmalige Verbesserung handelt, sondern um eine dauerhafte Veränderung der Fähigkeit der Staaten, ihre Besteuerungsrechte und ihre Souveränität gemeinsam und individuell zu verteidigen.

Zeit für Entscheidungen

Letztlich hat die Trump-Administration den Mitgliedstaaten der EU und anderen OECD-Ländern ihre Optionen verdeutlicht. Sie können ihre Besteuerungsrechte aufgeben, in der Hoffnung, das tyrannische Kind zu besänftigen, das das Spielbrett in die Luft geworfen hat. Oder sie können mit Ländern aus der ganzen Welt zusammenarbeiten, um die Grundlage für eine faire und effektive Steuerkooperation zu schaffen. Nur eine Entscheidung ist richtig. Und es ist dieselbe Wahl, die große Einnahmen verspricht.

Alex Cobham und Markus Meinzer

Alex Cobham ist Geschäftsführer, Markus Meinzer Direktor für Politik beim Tax Justice Network.