Soziales Engagement mit Rendite

Rundbrief 2025/2

Der problematische Win-win-Narrativ der Entwicklungsbanken am Beispiel der DEG

Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH – kurz DEG – hat den öffentlichen Auftrag, als Finanzierer der Privatwirtschaft die Entwicklungspolitik des Bundes zu flankieren. Sie hat ein unglaubliches Wachstum hingelegt mit Gewinnen aus den Ländern, in denen sie Entwicklung ankurbeln soll. Sie steht damit beispielhaft für den wachsenden Konflikt der Entwicklungsfinanzierung zwischen Gewinnmaximierung und gemeinnützigem Auftrag. Die Zahlen legen nahe, dass der Konflikt systematisch zu Gunsten der eigenen Gewinne ausgeht.

2001 wurde die DEG vom Bund an die KfW-Bankengruppe übergeben und wirtschaftet seitdem eigenständig mit dem ehemals vom Bund bereitgestellten Geld. Sie „verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“[i] und ist entsprechend von Steuern befreit. Seit Beginn des Jahrtausends schreibt die DEG eine fast schon unglaubliche Erfolgsgeschichte. Ihre Gesamtinvestitionen wuchsen laut Jahresberichten um 1.000 Prozent von einer auf heute über elf Milliarden Euro. Wohl kaum eine private Bank hat eine solches Wachstum hingelegt. Dies wirft die Fragen auf, wie eine „selbstlos“[ii] tätige Bank wirtschaftlich derart erfolgreich sein kann. Die Zahlen widersprechen auch dem eigenen Anspruch, dass die Bank in Kontexten investiert, in die sich private Investoren ob des Risikos nicht trauen.

Die Frage ist entsprechend, ob nicht ein erheblicher institutioneller Interessenskonflikt besteht zwischen dem Gewinninteresse der DEG und ihrem entwicklungspolitischen Auftrag. Wäre das der Fall, ginge das systematisch zu Lasten der eigentlichen Zielgruppe der Entwicklungspolitik, den armen Bevölkerungsschichten des Globalen Südens. In der Ukraine bspw. investiert die DEG seit Kriegsbeginn keine eigenen Gelder mehr, weil sie das Ausfallrisiko der Kredite nicht tragen will. Vielmehr arbeitet sie dort mit direkten Zuschüssen des Bundes.

Vor diesem Hintergrund ist auch die anhaltende Kritik an der DEG aus Bundestag und Zivilgesellschaft zu sehen: Intransparenz, Finanzierung von Akteuren, die einer positiven Entwicklungswirkung entgegenstehen, ökologisch schädliche Investitionen und eine Ignoranz gegenüber menschenrechtlichen Belangen.[iii]

Von Bank zu Bank: Entwicklungsfinanzierung über Finanzintermediäre

Die DEG finanziert heute nur noch wenige Unternehmen direkt. Den bedeutenderen Teil ihres Geschäfts wickelt sie über sogenannte Finanzintermediäre ab, also andere Banken und Investmentfonds. Diese reichen dann das Geld weiter an die Privatwirtschaft. Von den Neuzusagen im Jahr 2023 (insg. 1,9 Mrd. Euro) entfielen lediglich 23 % auf Unternehmen. 73 % entfielen auf Intermediäre, darunter Banken (39 %), Fonds (25 %) und Projekte (13 %). Vor allem diese Finanzierungen der DEG sind kaum nachzuvollziehen. Durch die „Zwischenhändler“ wird verschleiert, wo genau das Geld eine entwicklungspolitische Wirkung entfalten soll und wer von den Geldern – neben der DEG selbst – profitiert. Denn selbstverständlich agieren die Intermediäre mit Profitinteresse. Das wird auch an den Länderlisten der DEG-Finanzierungen deutlich. Etwa zwei Drittel der Fondsbeteiligungen und etwa ein Drittel der direkten Unternehmensbeteiligungen gingen 2022 an Offshore-Finanzplätze (OFCs), allen voran auf den Kaimaninseln und Mauritius.

Tatsächlich wachsen Anzahl und Volumen der Finanzierungen in Offshore-Finanzplätzen stetig an: 2016 hielt die DEG 113 Beteiligungen mit einem Volumen von 0,7 Mrd. Euro. 2023 waren es 179 Beteiligungen mit einem Volumen von 1,5 Mrd. Euro. Und so potenziert sich auch die mangelnde Transparenz der DEG mit mangelnder Transparenz in Offshore-Finanzplätzen.

Räuberpistole anstatt Armutsbekämpfung: Das Beispiel Pandora Papers

Die Investitionen der DEG in den Finanzsektor scheinen sehr lukrativ. Welche problematischen Geschäfte hinter dem intransparenten Gebaren der Bank schlummern können, haben auch die Veröffentlichungen der Pandora Papers gezeigt, des bis dato größten Datenleaks aus Steueroasen. 2021 wurden so Details zu einem DEG-Kredit an die zentralamerikanische Bank Promerica bekannt. Der vertraglich vereinbarte Finanzierungszweck war demnach der Aufkauf von Anteilen an weiteren Banken in Lateinamerika. Dies wohlgemerkt in einer Region mit einem bereits völlig überbordenden Banken- und Finanzsektor, der auch als internationales Drehkreuz für Geldwäsche bekannt ist.

Mit dem Geld wurden auch keine entwicklungspolitisch relevante Finanzierungslücken geschlossen, da der Gesamtkredit mehrfach überzeichnet war. Die am Kredit beteiligten Banken (darunter hauptsächlich privatwirtschaftliche Banken) haben vertraglich festgehalten, wer in erster Linie von der Finanzierungsrunde profitiert: Ramiro Ortiz Mayorga, ein Multimilliardär.

Mehr noch: 2017 wurden – auch angesichts des internationalen Drucks – eine Reihe von Banken in Panama wegen Verstößen gegen Antigeldwäschegesetze bestraft. Die größte Strafe von 300.000 US-Dollar entfiel ausgerechnet auf die Multibank, an der die DEG selbst jahrelang mit rund sieben % beteiligt – also Miteigentümer – war.

Finanzierung umwelt- und entwicklungsschädlicher Megaplantagen

Im Agrarsektor finanziert die DEG immer wieder große, industrielle Agrarunternehmen. Seit 2013 hält sie beispielsweise 15,8 % der Anteile des Luxemburger Agrarinvestors PAYCO. Dieser betreibt Landwirtschaft, Viehzucht und Holzwirtschaft in Paraguay und ist mit weit über 100.000 Hektar Land einer der größten Landbesitzer vor Ort. FIAN dokumentierte mehrere Landkonflikte mit der lokalen Bevölkerung. Auf den Sojafarmen und Baumplantagen werden zudem in Deutschland verbotene Pestizide eingesetzt. Die Filmemacherin Gaby Weber fasst in ihrer Dokumentation über PAYCO die DEG-Beteiligung wie folgt zusammen:

„In Paraguay hätte also eine Entwicklungshilfeorganisation viel zu tun, aber was macht die Bundesrepublik? Sie wird selbst Großbauer und trägt zur weiteren Entrechtung der Menschen und zur Zerstörung der Umwelt bei.“[iv]

In Sambia finanzierte die DEG mehrfach das größte Agrarunternehmen Zambeef. Auch hier geht es um über 100.000 Hektar Land, und auf den Farmen kam es immer wieder zu gewaltsamen Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen. Im Kongo ist die DEG Konfliktpartei bei einem langen Landkonflikt, der auf die frühen 1900er-Jahre zurückgeht, als der Konzern Unilever im damaligen Belgisch-Kongo auf 100.000 Hektar riesige Plantagen anlegte. Im Jahr 2015 finanzierte die DEG das Unternehmen PHC, das die ehemaligen Unilever-Plantagen übernommen hat. Der Darlehensvertrag wurde 2024 durch ein Gerichtsverfahren in Delaware öffentlich. Es enthüllte, dass die europäischen Entwicklungsbanken, inklusive DEG, die Rückgabe von fast 60.000 Hektar Land an die Gemeinden vor Ort verhindert haben.[v]

Stellschrauben vorhanden, politischer Wille fehlt

Die DEG steht beispielhaft für eine Dynamik bei Entwicklungsbanken hin zu Finanzinvestitionen in komplizierte Beteiligungsgeflechte und verschachtelte Finanzierungsflüsse. Auch die KfW Entwicklungsbank hat ihre Investitionen in Fonds von 2016 bis 2023 um 150 % auf vier Mrd. Euro mehr als verdoppelt.[1] Die Idee, mit Entwicklungspolitik dicke Geschäfte zu machen, hat Konjunktur.

Durch diese Investitionspraktiken verstärken die Entwicklungsbanken jedoch eine zentrale strukturelle Ursache der anhaltenden Hunger-, Klima- und Biodiversitätskrisen: die wachsende Ungleichheit und den gewaltigen Vermögenszuwachs (inklusive Machtzuwachs), weniger zu Lasten der breiten Bevölkerung. Sie verhindern damit echte und dringend notwendige Transformationen.

Die Entwicklungsbanken sollten daher auf Offshore-Investitionen möglichst ganz verzichten und ihre Fondsfinanzierungen stark reduzieren. Denn letztendlich muss allen klar sein: Je stärker die Entwicklungshilfe in den Bereich des internationalen Finanzkapitals abdriftet, desto mehr wird sie zwangsläufig dessen Logik und Arbeitsweise übernehmen. Diese strukturelle Dynamik ist entwicklungspolitisch kontraproduktiv. Leider signalisiert der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung mit einer noch stärkeren Ausrichtung der Entwicklungspolitik auf deutsche Interessen eher eine Normalisierung dieses entwicklungspolitischen Investmentmodells.

Roman Herre

Der Autor ist Agrarreferent bei FIAN Deutschland und Mitglied der AG Landwirtschaft und Ernährung des Forum Umwelt & Entwicklung

[1] https://dserver.bundestag.de/btd/20/129/2012903.pdf

[i] Gesellschaftsvertrag der DEG.

[ii] Ebd.

[iii] Siehe bspw. Deutscher Bundestag (2023): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Möhring […] und der Fraktion DIE LINKE „Transparenz und Rechenschaft bei Investitionen der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft im Privatsektor des Globalen Südens“. Drucksache 20/9897. Berlin.
https://dserver.bundestag.de/btd/20/098/2009897.pdf

FIAN (2022): VerwG Frankfurt: FIAN-Auskunftsklage gegen KfW stattgegeben. Köln.
https://www.fian.de/aktuelles/pressemitteilung-urteil-fian-klage-gegen-kfw-in-allen-punkten-stattgegeben/

Netzwerk Steuergerechtigkeit (2024): Nachhaltige Entwicklung über Offshore-Finanzzentren? Berlin.
https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/deg-in-steueroasen/

[iv] https://youtu.be/UWibbMQn9lU

[v] FIAN Belgium (2024): PHC (ex-Feronia) in DRC : New revelations in a palm oil scandal in the DRC. Brüssel.
https://www.fian.be/PHC-ex-Feronia-in-DRC-New-revelations-in-a-palm-oil-scandal-in-the-DRC

Foto © FIAN Deutschland