Vertagt, aber gefährlich

Rundbrief 2025/1

KI-gestützter Tiefseebergbautest mit Impossible Metals

Eigentlich sollte es Anfang 2026 losgehen. Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) plante das kanadisch-amerikanische Tiefseebergbauunternehmen Impossible Metals (IM) den Test ihres Bergbauequipments im Pazifik. Nun wurde auf 2027/28 verschoben, es fehlte das passende Schiff. Das ist kein Grund zum Aufatmen. Der geplante Test und die Technologie von IM könnten dem Tiefseebergbau neuen Aufschwung geben und gefährliche Unterstützer hervorbringen. 

In der Clarion-Clipperton-Zone liegt das 75.000 Quadratkilometer (km2) große Gebiet, für das Deutschland seit 2006 eine Explorationslizenz bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) hält. Wie 22 andere Sponsorenstaaten soll Deutschland untersuchen, wie unter anderem Manganknollen abgebaut werden könnten. Entsprechend der Regularien macht dies ein Staat mithilfe eines Contractors, im Falle Deutschlands ist dies die BGR. Andere Staaten sind in Partnerschaft mit staatlichen oder privaten Bergbaukonzernen.

Die Ankündigung von BGR und IM, im deutschen Lizenzgebiet einen Test von Tiefseebergbaumaschinen durchzuführen, ist mehr als kontrovers. Deutschland hatte auf der ISA-Sitzung im Oktober 2022 eine precautionary pause (vorsorgliche Pause) angekündigt, mit der man vorerst keinen Tiefseebergbau unterstütze und Anträgen für den Abbau bis auf Weiteres nicht stattgebe. Kein Nein zu Tiefseebergbau, aber eine Verlangsamung der Verhandlungen über Abbauregularien.

Viele Staaten schauen kritischer auf die Verhandlungen

Diese dauern seit 2014 an, seit 2021 ist es kompliziert geworden. Mittlerweile sind es 32 Staaten, die sich von der schnellen Verabschiedung der Regularien zurückgezogen und kritische Positionen eingenommen haben. Diese reichen von einem Verbot über die vorsorgliche Pause bis zu einem Moratorium. Hinzu kommen Parlamentsentscheidungen, Proteste von Zivilgesellschaft und Wissenschaftler:innen sowie der Ausschluss von Tiefseebergbau im Geschäftskonzept durch Unternehmen und Finanzinstitutionen.

Beflügelt wurde dies durch einen Antrag vom pazifischen Inselstaat Nauru (in Zusammenarbeit mit dessen Contractor The Metals Company, TMC) im Jahr 2021, der eine Klausel im Seerecht nutzte, um einen Abschluss der Verhandlungen bis 2023 herbeizuführen. Trotz der abgelaufenen Deadline konnten sich die Staaten auf kein Abbauregelwerk einigen. Dies liegt einerseits an der völkerrechtlichen Komplexität der Verhandlungen, die von Umweltstandards über Rohstoffbepreisung bis zu Ausgleichszahlungen an ärmere Staaten reichen.

Zum anderen hatte der Druck durch Nauru und TMC dazu geführt, dass Verhandlungsrunden sich vor allem darum drehten, wie auf die Klausel und einen möglichen Abbauantrag durch TMC ohne fertige Regel zu reagieren sei. TMC kündigte mehrmals an, einen Antrag einreichen zu wollen, aktuell zielt das Unternehmen auf die ISA-Sommersitzung in diesem Jahr ab. Nachdem dort im Juli 2024 eine neue Generalsekretärin, Leticia Carvalho, gewählt wurde, muss sich zeigen, welche Dynamiken das entfalten wird.

Neuer Test ist rechtlich fragwürdig

Die BGR und das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) argumentierten hinsichtlich des Tests, regelmäßige Exploration inklusive Equipmenttests seien notwendig, um die anstehende Lizenzverlängerung ab 2026 zu begründen. Eine solche Verpflichtung findet sich jedoch weder im bestehenden Explorationsvertrag noch im deutschen Meeresbodenbergbaugesetz oder im ersten Extension Agreement, das zu einer Lizenzverlängerung ab 2021 geführt hatte. Es scheint vielmehr, als wäre es „mal wieder dran“, dass Deutschland Tiefseebergbautests durchführen soll, anders lässt sich die nachlässige Bewilligung durch das BMWK angesichts der politischen Brisanz des Vorhabens nicht erklären. Schlussendlich will Deutschland sich, Pause hin oder her, nicht wirklich vom Tiefseebergbau verabschieden. Das war weder unter dem seit 2021 Grün-geführten BMWK so noch wird es unter einer neuen CDU-SPD-Regierung so sein.

Mit jedem Test aber könnte Tiefseebergbau wahrscheinlicher werden. Denn die Tests tragen zu einer stetigen Legitimation des Bergbaus und zu neuen Erkenntnissen bei, auf deren Basis über einen für die Staatengemeinschaft tragbaren Grad an Biodiversitäts- und Ökosystemzerstörung entschieden wird. Dass Tiefseebergbau signifikante Auswirkungen auf die Umwelt haben wird, bestreitet niemand ernsthaft. Die Frage, ob es bei lokal begrenzter Zerstörung bleibt oder sich großflächiger kommerzieller Tiefseebergbau, immerhin das größte Bergbauvorhaben der Menschheitsgeschichte, auf die Funktions- und Regulationsfähigkeit der Weltmeere auswirkt, spaltet Befürworter und Gegner. Fast alles spricht für Letzteres [1].

Impossible Metals mit neuer Bergbautechnik

Mit einer im Wasser schwebenden Flotte von Autonomen Unterwasserfahrzeugen (AUV), die per Greifer punktuell Manganknollen abbauen, verspricht IM den Impact auf den Meeresboden geringer zu halten. Die AUVs sollen mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgerüstet werden, die berechnet, ob sich Megafauna, z.B. Schwämme, Krebse oder Korallen, auf den Manganknollen befindet. Damit wird angeblich minimalinvasiver, gar umweltfreundlicher Tiefseebergbau verkauft.

Behaupten kann man vieles. In Webinaren zeigt die Führung von IM wenig Kenntnisse über die Tiefseebodenökologie, unter anderem, dass es nicht Mega- sondern Mikrofauna ist, welche die Biodiversität der Tiefsee ausmacht. Darüber hinaus bleiben die Berechnungen völlig spekulativ, wie sich die KI-AUVs rechnen sollen im Gegensatz zu den Tagebaurobotern von TMC, die den gesamten Meeresboden inkl. Knollen, Sediment und Leben entfernen.

Dass nun der Test mit der BGR auf 2027/28 verschoben wurde, weil sich kein passendes Schiff fand, zeigt die Naivität, mit der die Techniker:innen von IM in das politisch, aber natürlich auch logistisch hochkomplexe Unterfangen Tiefseebergbau einsteigen wollten.

Abwägen zwischen Rohstoffen für Waffen und dem Schutz der Meeresböden

Trotzdem sind Unternehmen wie IM gefährlich, so klein und unerfahren sie auch wirken. IM verkauft sich per gängigem Narrativ als Förderer einer weltweiten Energiewende. Solar- und Windkraft, E-Autos, all das braucht die Welt und irgendwo müssen die Rohstoffe schließlich herkommen. Dazu noch mit KI. Cool und modern!

Doch abgesehen davon, dass der Abbau immer neuer Rohstoffe in immer neuen Gebieten der Erde der falsche Weg ist und sich z.B. E-Auto-Batterieherrsteller mittlerweile auf andere Metalle als jene in Manganknollen konzentrieren: Wer garantiert eigentlich, dass die Rohstoffe in die Produktion von Technologien der Energiewende gehen? Deutschland? Die EU? Die Tiefseebergbaukonzerne? Die weiterverarbeitende Industrie?

Meeresrohstoffe für eine klimafreundliche Welt sind ein Märchen. Die CDU schreibt in einem im Dezember 2024 im Bundestag eingebrachten Antrag zur maritimen Wirtschaft, man müsse „vor dem Hintergrund des wachsenden Bedarfs an Hochtechnologie-Rohstoffen Forschung und Projekte im Tiefseebergbau“ vorantreiben [2]. Auch die BGR benennt ehrlich die Rolle der Rohstoffe für Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie [3].

Maschinen entscheiden, welches Leben existieren darf

Die Technik von IM bringt nun noch eine Komponente ins Spiel. Entscheidungen über das, was als Leben und damit schützenswert im Meer gilt, werden an Algorithmen abgegeben. Welche Datengrundlage genutzt wird, wer diese pflegt und aktualisiert, wie der Algorithmus diese auswertet, wie man dessen Funktion in 4.000 Metern Tiefe kontrollieren soll – alles unklar im Modell von IM.

Und schließlich darf man doch bitte die Weltlage darin nicht ignorieren! Mit der Übernahme des amerikanischen Staatsapparats unter Trump 2 durch die Broligarchy der rechten Tech-Szene, sind nun Männer in Entscheidungspositionen, die einen Umbau der amerikanischen und langfristig der Weltgemeinschaft planen. Schaut man sich an, was sich die Heritage Foundation mit ihrem Projekt 2025 ausgedacht hat und nun umsetzt, lässt sich erahnen, was als nächstes kommt. Es geht um die Schaffung von rechts-libertären Freiheiten ohne lästige Menschenrechts- oder Umweltschutzregulierung, aber vor allem auch: sehr viele Rohstoffe. Denn nur damit lassen sich die Infrastrukturprojekte (Stichwort Gaza Riviera), Network-Cities, Weltraumbesiedlung oder Waffensysteme [4] bauen, die Elon Musk, Peter Thiel, Marc Andreessen und andere rechte Milliardäre sich wünschen [5].

Einen Tag vor Ende der letzten ISA-Verhandlungsrunde am 27.3.2025 verabschiedete sich TMC dann von völkerrechtlichen Vereinbarungen. Man wolle mit den USA auf Grundlage des Deep Seabed Hard Mineral Resources Act von 1980 im internationalen Gewässer Tiefseebergbau betreiben. Das untergräbt nicht nur bewusst die aus Sicht von TMC zu langsamen Verhandlungen, die ja auch immer noch gegen einen Abbauantrag votieren könnten. Es ist auch brisant, weil die USA das für den Tiefseebergbau relevante Seerechtsübereinkommen nicht unterzeichnet haben. Das heißt, die USA dürfen eigentlich nicht in der Hohen See Rohstoffe abbauen. Damit trifft ein, was zu erwarten war. Tiefseebergbau ist in der neuen US-Regierung als ein Weg der Rohstoffbeschaffung angekommen. Und deren rechte Tech-Regierung zerstört immer mehr die internationale Ordnung.

Marie-Luise Abshagen – Die Autorin leitet die Nachhaltigkeitspolitik beim Forum Umwelt und Entwicklung und koordiniert die AG Tiefseebergbau.

 

Bildnachweis:

 CC BY – Impossible Metals Inc.